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177. Tassilo von Heydebrand und der Lasa (erschienen in Schach Nr. 11/2002)

Tassilo von Heydebrand und der Lasa (1818-1899) gehört zu den ganz Großen im Schach. Seine Bedeutung für das Schach im Allgemeinen, nicht nur in Deutschland und Polen, sondern für die ganze Welt, ist kaum zu überschätzen.Von der Lasas Werk und Schaffen ist aus fünf Gründen monumental: Von der Lasa war

1. ein sehr starker Schachspieler, der Staunton, Anderssen und Löwenthal besiegte

2. mit dem Handbuch des Schachspiels das Referenzwerk schlechthin für viele Generationen von Schachspielern gelungen

3. ein Schachhistoriker ersten Ranges, der mit seinem 1897 erschienenen Buch „Zur Literatur und Geschichte des Schachspiels" und vielen Aufsätzen in der Deutschen Schachzeitung große Beachtung fand

4. einer der ersten Schachbuchsammler der Welt, der darüber hinaus durch eine umfangreiche Korrespondenz Kontakt mit Schachspielern und Schachsammlern auf der ganzen Welt hatte

5. sehr beliebt und scheint so gut wie keine Feinde gehabt zu haben. Das machte ihn auch für schachpolitische Vereinnahmungen interessant, wenngleich er sich vom allgemeinen schachpolitischen Treiben, wie beispielsweise dem Deutschen Schachbund weitgehend fernhielt.

Tassilo von Heydebrand und der Lasa wurde am 17. Oktober 1818 geboren und verstarb am 27.7.1899 unter den Zeichen einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz auf Schloß Storchnest im heutigen Polen. Kurz vor seinem Tode war er „unter sorglicher Pflege im besonderen Salonwagen" von Wiesbaden nach Schloß Storchnest in Polen übergesiedelt. Er wollte wohl in seiner Heimat, in seinem guten alten Schlesien begraben werden. Noch kurz vorher konnte von der Lasa im Jahre 1898 erleben, daß er zum ersten Ehrenmitglied des Deutschen Schachbundes ernannt wurde.

Es stellt deshalb ein ganz außerordentliches Verdienst dar, daß Herr Professor Sierpowski und Frau Maria Luczak von der Bibliotheka Kórnika in Kornik bei Poznan (Posen) in Polen vom 16. bis 18. September 2002 eine internationale Veranstaltung von Schachhistorikern veranstalteten. Mit der Veranstaltung wurde einem größeren Publikum die bedeutende Schachbuchsammlung von der Lasas, die bereits seit 1990 von Schachforschern besucht und genutzt werden konnte, zugänglich gemacht. Anlässlich der Tagung wurde im Korniker Schloss in Kórnik eine Ausstellung eröffnet, die das Leben und Werk von der Lasas beleuchtet. Die Ausstellung ist noch bis zum Jahre 2003 geöffnet. Ein Besuch kann jedem schachhistorisch Interessierten auf’s Wärmste empfohlen werden.

Vordere Reihe Hans Holländer, Nathaniel Divinsky (Canada), Egbert Meissenburg, Joaquin P. de Arriaga (Spanien); 2. Reihe: Lothar Schmid, Ken Whyld (England), Barbara Holländer, Alessandro Sanvito (Italien); 3. Reihe: Gerhard Josten, Jurgen Stigter (Holland).

 

Auf der Tagung wurden in Anwesenheit des Urenkels von der Lasas, Herrn Thassilo von Heydebrand und der Lasa und dessen Frau Gemahlin Dorothée, Vorträge von namhaften Schachhistorikern aus der ganzen Welt gehalten. Die Bibliothek plant, die Vorträge in einem Sammelband zusammenzufassen und zu publizieren. Dabei gelang es, die Hilfe von Vlastimil Fiala, Olomouc, Tschechien, zu erhalten. Dieser plant, auch ein Buch mit sämtlichen Partien von der Lasas herauszugeben. Fiala hat mehr als vierhundert Partien in der in Kórnik zugänglichen Bibliothek von der Lasas finden können.

Von ganz besonderer Bedeutung ist die von Maria Luczak katalogisierte Sammlung der Korrespondenz von der Lasas. In ihr finden sich Briefe von A wie Alliey bis Z wie Zwanzig. Sie stellt damit eine wahre Fundgrube für eine schachliche Forschungstätigkeit dar. Die Schachwelt ist um einen Platz schachhistorischer Forschungsmöglichkeit reicher geworden.

Die Gastfreundschaft und die Aufmerksamkeit, die den Teilnehmern der Tagung zuteil wurde, hat den polnischen Veranstaltern, allen voran Maria Luczak und Professor Sierpowski viele Freunde gemacht. Es gelang mit der Ehrung des großen deutschen Schachhelden von der Lasa auch, einen großen und wichtigen Beitrag im Sinne der deutsch-polnischen Völkerverständigung zu leisten. Es ist dabei gut zu wissen, daß deutsch-polnische Kultur im Namen der Völkerverständigung wieder geeignet ist, Menschen aus der ganzen Welt zusammenzurufen.

 

v.l.n.r.: Maria Luczak, Dorothée von Heydebrand und der Lasa, Prof. Sierpowski, Thassilo von Heydebrand und der Lasa. Links oben an der Wand Gemälde von Heinrich von der Lasa (1861-1924)

178. Retrograde Analyse

Dr. Bernd Gräfrath, Essen, der 1993 das Buch Ketzer, Dilettanten und Genies im Junius Verlag Hamburg veröffentlichte, stellt die folgende Frage zur Geschichte des Problemschachs: Wer hat als Erster eine Verbindungslinie von retrograder Analyse zu Sherlock Holmes gezogen? Mindestens drei Autoren scheinen selbständig darauf gekommen zu sein.

A. Raymond Smullyan, Chess Mysteries of Sherlock Holmes, Knopf Verlag, New York 1979; vgl. hierzu auch die Entstehungsgeschichte im „Nachwort" von Smullyans anderem Schachbuch, The Chess Mysteries of the Arabian Knights, Hutchinson, London 1983 (ursprünglich 1981), S. 167-170 („Afterword").

B. Alois Wotawa, Auf Spurensuche mit Schachfiguren, de Gruyter, Berlin 1965, S. 191-205.

C. Emil Ramin, Im Wunderland des Schachproblems, Schach-Archiv, Hamburg1958, S. 74.

Wer kann helfen?

179. Dr. Max Lange II

Zu Max Lange II erreichten uns sehr viele Zuschriften u.a. von Dietmar Friedrich, Saarlouis, Bodo Kühn, Berlin, Peter Gütler, Lübeck, Berthold Klotz, Heidelberg, Michael Negele und Stefan Bücker, Nordwalde. Sie teilen mit, daß im Rahmen eines längeren Beitrages in Kaissiber Nr. 13, 2000, S. 55 ff. von Peter Gütler dargelegt wird, Max Lange II sei am 1. September 1923 in Japan beim Kanto-Erdbeben in Tokio um’s Leben gekommen.

Jürgen Dueball berichtet, daß sein Großvater Felix (geb. 1884) Mathematiker und Studienfreund von Max Lange II war. Felix Dueball wurde in Deutschland durch die Verbreitung des japanischen Brettspieles Go bekannt. In seinem Besitz, so Jürgen Dueball weiter, befand sich ein Notizbuch mit einer handschriftlichen Partiesammlung von Max Lange. Als Dueball dieses Notizbuch erbte, hatte er daran keinerlei Interesse und hat es Lothar Schmid geschenkt, in dessen Sammlung es sich noch heute befinden dürfte.

180. Reprints

Zu Zettel 176 teilen wir mit, daß in einer ersten Phase die folgenden Bücher nachgedruckt werden:

 

a. von Bilguer, Zweispringerspiel, 1839

b. Allgaier, 1. Auflage (zwei Bände), 1796

c. Twiss (zwei Bände), 1787 und 1789

d. von Racknitz, 1789

e. Max Lange, Lehrbuch des Schachspiels, 2. Aufl., 1865.

Die Bücher werden Ende des Jahres 2002 oder Anfang 2003 zum Verkauf jeweils in einer Paperback und gebundenen Ausgabe vorliegen. Die Auflage ist limitiert und nummeriert. Preise können noch nicht angegebenen werden.

Interessenten wenden sich bitte an unsere Adresse. Siehe auch Facsimilé-Reprints auf diesen Seiten.

181. John van Manen 21.2.1922-20.5.2000

John van Manen war einer der Schachhistoriker, er selbst bevorzugte die Bezeichnung „Chess Data Collector" i.e. „Schachdatensammler", der in bescheidener und liebenswürdiger Weise viele Schach-Freunde in der Welt mit seiner Hilfe und seinem Wissen erfreute. Er sammelte Zeit seines Lebens Schachdaten und Schachinformationen aus Australien. Cecil Purdy nannte ihn im Jahre 1978 „den größten Experten des australischen Schachs, der jemals lebte" und Ken Whyld, England, nannte ihn „Wächter der australischen Schachgeschichte".

Auch wir sind dankbar, John van Manen gekannt zu haben.

 

John van Manen, Adelaide

John van Manen wurde am 21.2.1922 („einen Tag zu früh" schrieb er oft) in Holland geboren. Er hatte sieben Geschwister. Er lernte Schach von seinem Vater und in der Schule entfachte ein enthusiastisch schachspielender Lehrer in ihm die Liebe zum Schachspiel, die ein ganzes Leben anhalten sollte. Er gewann im Jahre 1935, in dem Jahr, in dem Max Euwe die Weltmeisterschaftswürde im Schach gegen Aljechin errang, ein Schachturnier in der Schule. Später besiegte er 1953 in einem Simultankampf in Amsterdam den Meister van Muhring.

Van Manen besuchte in Amsterdam das Gymnasium und studierte Mathematik. Er arbeitete später als Versicherungsstatistiker für Lebensversicherungen. Sie lebten in Naarden, etwa 30 km entfernt von Amsterdam. John las Schachzeitungen im Bus auf der Fahrt zur Arbeit. Er heiratete Inge Kolster im Jahre 1948 und mit ihrem Sohn Frank führten sie ein glückliches Familienleben. Seine Schachbuchsammlung wurde immer größer.

Im Jahre 1961 entschied sich Frank, nach Australien auszuwandern. Inge und John begleiteten ihn. Sie lebten in der Nähe des Manly Warringah Leagues Club, wo John dem Schachklub beitrat. Im Jahre 1979 gingen John und Inge zusammen mit ihrem Sohn Frank und dessen Familie nach Adelaide. John hielt brieflichen Kontakt mit Cecil Purdy, Phil Viner und anderen in Sidney sowie mit Garry Koshnitsky und anderen in der Südaustralischen Schachszene. John lebte in den Modbury Heights in Adelaide und hatte in den Jahren 1978 bis 1990 seine fruchtbarste Zeit für das australische Schach. Seine Briefe hatten immer irgendeinen Bezug zum Schach. Er war ein fleißiger Mann und haßte es, Zeit zu vergeuden. Wann sammelte er Schachpartien als er in Sidney arbeitete? Nun, während der Mittagspause; sein Büro bei Melville and Co. war ganz in der Nähe der Bibliothek.

In seinem letzten Brief an Paul Dunn (Australian Chess Federation Games Archivist) im März 2000 schrieb er: „Ich sammle immer noch Daten per Fernleihe ... und versuche, so viel wie möglich aufzuschreiben, bevor der Vorhang fällt".

Das war zu dem Zeitpunkt als auch das linke Auge erblindete. Er verlor das Augenlicht und der „Vorhang" fiel am 20. Mai 2000. Auch Augenoperationen in Sidney hatten nicht helfen können. Die Beerdigung fand am 23. Mai in Port Macquarie, New South Wales, seinem Alterssitz seit 1997, statt. Ken Fraser, Bob Meadley und seine Frau Norma sowie etwa 20 andere Personen waren anwesend, als Australiens „Greatest Chessdata Collector" seinen letzten Weg ging.

Ian Rogers hat im The Sun Herald des 11. Juni 2000 einen Nachruf geschrieben und darauf hingewiesen, daß John 1988 die Cecil Purdy-Medaille für Schach-Journalismus verliehen wurde. Das war seine einzige öffentliche Anerkennung. John van Manen war ein unbesungener Held, der Australiens Schachdaten in eine professionelle Ordnung brachte. Mehr als 10.000 Partien australischer Schachspieler des letzten Jahrhunderts sammelte er. Er tat diese Arbeit nicht des Geldes wegen. Er vermachte seine Schachbuchsammlung, mehr als 400 Schachbücher (1970), der Vaughan/van Manen Special Collection in der Sidney State Library und übergab seine Schacharbeiten der Andersson Chess Collection der Victorian State Library, an der Ken Fraser für Dekaden der Verwalter war.

Bob Meadley hat in einem Nachruf im Australian Chess Forum, September 2000, S. 30-32, dem wir auch die hier verwendeten Daten entnehmen, eine Aufstellung der Schriften von JvM gegeben. JvM erstellte viele Übersetzungen aus dem Holländischen, Italienischen, Französischen und Deutschen in’s Englische. Auch wir sind ihm für die Übersetzung unserer Arbeit über Tarrasch dankbar.

John van Manen, der es infolge von Sprech- und Hörproblemen liebte, Briefe zu schreiben und auf schriftlichem Wege zu korrespondieren, ist nicht mehr bei uns. Er wird uns immer in guter Erinnerung bleiben.

Wir bitten Sie, alle Zuschriften per email zu richten an: Hallo@Ballo.de

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