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169. Alice N. Loranth (erschienen in Schach, Heft 3/2002)

Jeder Schachspieler kennt die von John G. White (1845-1928) gegründete Schach-Bibliothek in Cleveland, Ohio, USA. Mit Trauer haben wir hören müssen, daß deren langjährige Leiterin Alice N. Loranth 1998 verstarb. Unseres Wissens ist seinerzeit keine Nachricht über ihren Tod in deutschen Schachzeitungen bekannt geworden. Wir holen dies heute nach und erinnern uns an Alice N. Loranth.

Mrs Loranth, eine geborene Ungarin, machte ihren ersten Magister in Museologie (Kunstgeschichte, Archäologie und Anthropologie) an der Eötvös Loránd Universität in Budapest bevor sie in die Vereinigten Staaten zog. Dort machte sie an der Western Reserve Universität in Cleveland einen weiteren Magister in den Bibliothekswissenschaften. Sie war Bibliotheksassistentin am Kunstmuseum in Cleveland bevor sie 1969 Leiterin der berühmten, Ende 1990 mehr als 30.000 Schachbücher umfassenden, John G. White Chess and Checkers Collection an der Cleveland Public Library in Ohio, USA wurde. Dies war sie bis zu ihrem allzu frühen Tode im Jahre 1998.

Wir haben Mrs. Loranth nie persönlich kennen gelernt, haben sie jedoch durch mannigfaltigen Schriftwechsel und telefonische Gespräche in guter Erinnerung. Stets war sie hilfsbereit. Im Jahre 1990 verfaßte sie für uns einen Artikel mit dem Titel „John G. White and His Collection of Chess and Checkers at the Cleveland Public Library". In guter Erinnerung bleibt uns Frau Loranth auch wegen des Kontaktes, den wir anlässlich der Auktion der Schachbücher von André Muffang in Paris im Jahre 1991 hatten. Leider konnten wir nicht das von ihr so sehr gewünschte Manuskript von Lucena, das sogenannte „Manuscrit Francais" nach Victor Place, erstehen.

Die John G. White Schachbuch-Sammlung ist vor allen Dingen berühmt wegen der Einzigartigkeit ihrer Bücher, die ihr vor mehr als 80 Jahren von dem Schachbibliophilen John G. White vermacht wurden, aber Alice N. Loranth hat durch ihre Tätigkeit den guten Ruf der Bibliothek in der ganzen Welt vermehrt (s.a. The John G. White Collection in: Michigan Chess, August-September, 1975, S. 3-10).

170. Kreuzschach

Mit einem Kreuzschach ging die letzte entscheidende Partie im Kandidaten Viertelfinale 1974 zwischen Viktor Kortschnoi und Henrique Mecking zu Ende.

 









Kortschnoj, V (2670) - Mecking, H (2615) [A77]
Kandidaten Viertelfinale Augusta (13), 1974

1.d4 Sf6 2.Sf3 c5 3.d5 e6 4.c4 exd5 5.cxd5 d6 6.Sc3 g6 7.e4 Lg7 8.Le2 0-0 9.0-0 Te8 10.Sd2 Sbd7 11.Dc2 Se5 12.b3 g5 13.Lb2 g4 14.Tfe1 Sh5 15.Sd1 Sf4 16.Lb5 Tf8 17.Se3 Dg5 18.Sf5 Lxf5 19.exf5 Sed3 20.Lxd3 Lxb2 21.Tad1 Ld4 22.Se4 Dxf5 23.Sg3 Dg5 24.Lxh7+ Kh8 25.Df5 Dh6 26.Dxg4 Sxg2 27.Kxg2 Dxh7 28.Te7 Tg8 29.Df4 Le5 30.Df3 Tg7 31.Txb7 Dc2 32.Te1 Kg8 33.Te4 Tf8 34.Tg4 Dxa2 35.Sf5 Txg4+ 36.Dxg4+ Kh7 37.Dh5+ Kg8 38.Sh6+ Kg7 39.Sxf7 Tg8 40.Sxe5+ Kf6+ 41.Sg4+ Txg4+ 42.Dxg4 1-0

171. Georg Klaus (28.12.1912 - 29.7.1974)

Andreas Sänger, Jena, ist seit 2 Jahren als Chronist des Jenaer und darüber hinaus auch des
Thüringer Schach tätig und recherchiert z. Zt. in der Friedrich-Schiller-Universität in Jena auch über Georg Klaus (siehe Schachzettel 25, 35 und 43). Er wies uns auf den folgenden Text zu Georg Klaus, dem langjährigen Vorsitzenden des DDR-Schachverbandes, hin.

Geboren in Nürnberg am 28. Dezember 1912 als drittes Kind eines Eisenbahners, gehört Georg Klaus zu den wenigen Schülern, die aufgrund ihrer außergewöhnlichen schulischen Leistungen Zugang zum Gymnasium erhalten. Ab 1929 sympathisiert er mit der KPD und schließt seine Schullaufbahn mit der Note sehr gut in neun von zwölf Fächern ab. 1932 schreibt er sich an der Universität Erlangen im Fach Mathematik ein, doch nach drei Semestern wird er an der Fortführung des Studiums aus politischen Gründen gehindert: er dirigierte die nordbayerische Sektion der Kommunistischen Partei, die zu dieser Zeit im Untergrund weiterwirkte. Zunächst wird Klaus zu zwei Jahren Haft im KZ Dachau verurteilt, er bleibt aber während dieser gesamten Zeit in "Schutzhaft" in einem Haus nahe bei München. Dort ist es auch, wo er beginnt, um intellektuell widerstehen zu können, Blindschach zu spielen. Kurz vor dem Ablauf der Haftdauer wird ihm eine zusätzliche Haftstrafe von drei Jahren auferlegt, und er wird tatsächlich nach Dachau deportiert, wo er seine Methode des Gedankenschachs weiterführt.

Zur Feier von Hitlers Geburtstag wird er am 20. April 1939 freigelassen, doch die Fortsetzung seiner Studien sind dem Kommunisten gesetzlich verboten. Drei Jahre lang arbeitet er in der Bleistiftindustrie (Faber-Castell, dann Schwan). Am 13. Oktober 1942 wird er zur Wehrmacht eingezogen und im März 1943 an die russische Front geschickt, wo er drei Monate darauf schwer verwundet wird. Das Kriegsende erlebt er unter alliierter Bewachung in einem belgischen Gefängnis, ehe er in seine Geburtsstadt zurückkehrt. Dort nimmt er seine politischen Ämter in der Kommunistischen Partei wieder auf und tritt insbesondere hervor durch seine Reden, mit denen er unter anderem die Vereinigung von KPD und SPD vorbereitet. An der Volkshochschule beginnt er Vorlesungen über "Marxismus als Weltanschauung", aber auch über "Die Atombombe - ein physikalisches und soziologisches Problem" zu halten, bevor er offiziell an der Parteischule unterrichtet und schließlich, diesmal an der Universität Jena, seine Studien fortsetzt. Nach dem Besuch von so verschiedenen Vorlesungen wie zur Wärmetheorie oder zu Lenins Erkenntnistheorie verteidigt er seine Dissertation in der erziehungswissenschaftlichen Fakultät und erwirbt den Titel eines Dr. päd..

An der Universität Jena nimmt er seine Lehrtätigkeit als Lehrbeauftragter für Dialektischen und Historischen Materialismus auf, 1952 erhält er dann einen Lehrstuhl im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften. Im folgenden Jahr wird er zum Professor für "Logik und Erkenntnistheorie" an der Humboldt-Universität Berlin ernannt, wo er gleichzeitig das Amt des Prorektors bekleidet, was ihn viel Zeit kostet. 1957 gibt er diese Stellungen auf und veröffentlicht sein erstes Buch, Jesuiten - Gott - Materie. Von dieser Zeit an beschäftigt er sich mit Kybernetik, aber auch mit Semiotik und Logik. 1959 leitet er die Arbeitsgruppe Philosophie an der Akademie der Wissenschaften, in die er zwei Jahre darauf als Mitglied aufgenommen wird. Von 1962 an wird ein auf die Deportation zurückgehendes Gesundheitsproblem zu seiner täglichen Sorge, doch er fährt in den folgenden zwölf Jahren fort mit der Veröffentlichung von Aufsätzen und Büchern, seine letzten Publikationen auf dem Sterbebett ins Diktiergerät sprechend. Insgesamt schrieb er mehr als 250 Veröffentlichungen, davon einige zwanzig Bücher. (Nach: Jérôme Segal: Die Einführung der Kybernetik in der DDR. Begegnung mit der marxistischen Ideologie. Siehe Anhang von http://jerome-segal.de/Publis/Kyb-DDR.htm.

Auf einem Photo aus den Deutschen Schachblättern 1942, S. 73, auf das Hanswerner Mazurek, Dortmund, hinweist, ist Klaus der Mann mit der Fliege, sitzend, Zweiter von rechts.

172. Dr. Dr. Max Lange

Dr. Negele, Wuppertal, verdanken wir die folgenden Angaben. Jack Spence gibt in seinem Band 1 der "Chess Career of Rudolph Spielmann" als Partie Nr.3 "The Young and the Old" eine Partie Max Lange - Rudolf Spielmann, Coburg 1904: He (also der 21jährige Spielmann) outplayed a veteran of the Nineteenth century. Somit gilt "Die Gruften öffneten sich", denn den Leipziger Dr. phil. Dr. jur. Max Lange (7.8.1832-8.12.1899) deckte schon fast fünf Jahre der Rasen.

Es handelt sich bei dem Hauptturnier-Teilnehmer um den Berliner Mathematiker Dr. phil. Max Lange II
(* 25.4.1883, Stettin, Promotion 1909, Wohnort Friedenau, dann Steglitz). Dieser Max Lange II ist in der Schachliteratur nicht ganz unbekannt und war ein starker Spieler (immerhin 5.Platz in Coburg u.a. vor Nimzowitsch). Er schrieb das Büchlein Das Schachspiel und seine strategischen Prinzipien, Teubner, Leipzig 1910; 2. Aufl. Leipzig u. Berlin 1914. Die 3. bzw. 4. Aufl. sind 1918 bzw. 1923 erschienen. In der 2. Aufl. wird auch ein weiteres Buch Die modernen Schachmeister angekündigt, das wohl nie erschienen ist.

Das Büchlein wird in den Bibliographien - die königliche Bibliothek in Den Haag (L/N-Katalog) macht da keine Ausnahme - oft dem Leipziger Dr. Dr. Max Lange I zugeschrieben. Lediglich der John G. White-Katalog der Cleveland Public Library differenziert über die Geburtsjahre der beiden Langes.
Peter Gütler aus Lübeck hat im Zusammenhang mit dem von ihm geplanten Buch über Dr. Max Lange I ausführlich über diesen Max Lange II geforscht. Unklar und weitgehend im Dunkeln ist dessen früher Todestag. Gütler meint, Lange II sei ca. 1926 durch einen Autounfall um’s Leben gekommen.

Wer weiß mehr über diesen Max Lange?

Wir bitten Sie, alle Zuschriften per email zu richten an: Hallo@Ballo.de

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