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156. Walter Bähr

Dr. Rainer Staudte, Chemnitz, erbittet zur Beantwortung der folgenden Frage die Mithilfe der Leserschaft: In den meisten Lehrbüchern für Endspiele (siehe beispielsweise Awerbach, Lehrbuch der Endspiele, Sportverlag Berlin, 5. Aufl. 1981, Band 1, S. 57 ff.) wird zu Stellungen mit blockierten Randbauern die sogenannte BÄHRsche Regel erklärt. Walter Bähr hat in seinem Buch Opposition und kritische Felder im Bauernendspiel, erschienen im Selbstverlag in Freiburg im Breisgau 1936, als Ergebnis seiner von 1930 bis 1935 geführten Untersuchungen sehr umfassend die Grundlagen der Methode der Gegenfelder im Bauernendspiel beschrieben, so daß davon ausgegangen werden kann, daß er der Namenspate für die erwähnte BÄHRsche Regel gewesen ist. Aufgrund des Verlagsortes des Buches sowie aufgrund der Tatsache, daß Bähr in den dreißiger Jahren einige seiner Studien als Urdrucke in lokalen Zeitungen und Zeitschriften der Freiburger Region veröffentlichte, folgert Staudte, daß Bähr seinerzeit in oder um Freiburg gelebt hat. Weitere Nachforschungen zur Person von Walter Bähr haben bislang wenig ergeben. In Verzeichnissen der Problemkomponisten ist Bährs Name völlig unbekannt. Auch der im Vorwort neben dem bekannten Hans Müller (Wien) als Mitarbeiter genannte Problemkomponist Fritz Müller (Fürth, 1893-1968) konnte keine weiteren Hinweise geben. Weitere Nachforschungen unter den Partiespielern sind nicht einfach, so teilt Staudte mit, da diese wohl in erster Linie lokal organisiert waren. Um so mehr freut es Staudte, daß er in der Festschrift von Werner Lauterbach, Alles über Schach in Baden (Urkunden, Fakten und Erinnerungen zum Jubiläum 1910-1985, Seite 21), den Namen des Gesuchten Walter Bähr in der Tabelle des anläßlich des 14. (1.) Kongreß des nunmehr „Badischen Schachverbandes" durchgeführten Schachturnieres, das vom 7.-10. September 1933 in Heidelberg stattfand, aufgeführt fand. Bähr, Freiburg, war im Hauptturnier geteilter 2.-5. geworden. Weitere Informationen sind nicht bekannt. Aber wem von uns Schachspielern gelingt es, meint Staudte, mit seinem Namen in die Endspielliteratur einzugehen? Er meint deshalb zu recht, daß man versuchen solle, weitere Informationen zur Person Walter Bährs zusammenzutragen. Wer kann helfen?

157. Jacques Mieses

Karl-Heinz Podzielny senior, Essen, sendet uns den folgenden Brief des in Leipzig gebürtigen, jüdischen Deutschen, Jacques Mieses (1865-1954). Der am 12. Oktober 1938 in Leipzig verfaßte Brief ist, wie wir meinen, sehr gut geeignet, die Stimmungslage der damaligen Zeit nachempfinden zu lassen. Mieses war zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes bereits 73 Jahre alt.

"Leipzig d. 12. Okt. 38

Lieber Herr Doktor!

Ihr Brief vom 8. Oktober hat mich heute zufällig noch in Leipzig getroffen. Ich fahre heute Abend nach Amsterdam, wo ich wohl annähernd eine Woche bleiben werde (Adresse: „Hotel Suisse" Kalverstraat) und dann will ich zu einer „Informationsreise" nach England gehen, wenn man mich hineinlässt. Habe ich Ihnen denn nicht in Brighton mitgeteilt, dass ich alle Beziehungen zu Deutschen Zeitungen verloren habe? Ich könnte daher höchstens gelegentlich einmal indirekt an einer Berichterstattung für Deutsche Zeitungen beteiligt sein. Für das „AVRO"-Turnier möchte Ranneforth gern mit Prins eine Berichterstattung durchführen, und er hat sich wohl bereits an die „L.N.N.", die „Frankf. Z.", die „B.Z." und den „Lokalanz." mit einem Angebot gewendet. Ich bezweifele sehr, dass er Erfolg haben wird, denn es spielt kein Deutscher mit, und von den acht Teilnehmern sind vier - Pfui Teufel! - Juden. Dass ich zum „AVRO"-Turnier nach Holland komme, ist ausgeschlossen. Mein Plan ist, etwa einen Monat in England zu bleiben, dann nach Deutschland zurückzukehren und gegen Weihnachten wieder nach England zu fahren, um zunächst, falls ich eingeladen werde, in Hastings mitzuspielen.

Mit besten Grüssen Ihr J. Mieses"

Drei Aspekte drängen sich dem aufmerksamen Leser zusätzlich auf:

1. Die damalige Post war fast so schnell wie Heute.
2. Wer war der „Herr Doktor" an den Mieses sein Schreiben adressierte?
3. Mieses konnte seinen im Brief angekündigten Plan, am Weihnachtsturnier in Hastings 1938/39 mitzuspielen, realisieren. Er wurde im Premier Reserves A Turnier geteilter 2.-3. hinter Imre König (1. Platz), der unter jugoslawischer (!) Flagge gestartet war und vor dem den geteilten 4.-5. Platz einehmenden und in Brünn geborenen Österreicher, späterhin deutschen Staatsbürger, Baldur Hönlinger, der, nach einer Meldung von Chess, Januar 1939 (S. 177) unter „France" (!!) startete. Der 42jährige Fritz Sämisch errang den achten Platz (von zehn Teilnehmern).

158. Schachfiguren der Insel Lewis

Fritz Hoffmann, Weißenfels, weist darauf hin, daß es sich bei der in Schachzettel 152 abgebildeten, in den Schutzschild beißenden Schachfigur ehestens um einen sogenannten Berserker handelt und nicht um einen ängstlich in den Schild beißenden Krieger. Der Biß in den Schildrand, so meint Hoffmann, erinnere an die sagenhafte Berserkerwut, die auch im Deutschen mit dem sprichwörtlichen Vergleich „wie ein Berserker" Wurzeln geschlagen hat. Im altnordischen Volksglauben waren Berserker (Berserk = Bärenhäuter) ursprünglich Menschen, die Bärengestalt annehmen können. Sie erscheinen später als die nordischen Vorkämpfer der Königsgewalt und sollen fürchterliche Krieger gewesen sein. Um sich in Kampfstimmung und Blutrausch zu bringen, sollen sie sich vor Schlachtbeginn selbst Wunden beigebracht haben. Dabei bissen sie auch in den Schild, um einen grimmigen und furchterregendenden Anblick zu erzeugen. Zur Werkzeit der Isle of Lewis Figuren um 1150, so gibt Hoffmann weiter an, waren sich die Schnitzer, die in Walroßbein arbeiteten, über die Bekleidung der Berserker, die sogar halbnackt gefochten haben sollen, nicht mehr so recht im klaren. So bildeten sie eben zeitgenössische Rüstungen ab.

159. International Chess Calendar

Hanon Russell sendet uns seinen neuesten für 1998 gestalteten International Chess Calendar. Wieder hält der Kalender viele Informationen, die für alle Schachspieler interessant sind, bereit. Er enthält etwa 800 Angaben zu Geburts- und Todestagen von Schachpersönlichkeiten der Vergangenheit und Gegenwart und bringt seltene Photos, interessante Schachstellungen und -kombinationen sowie Spielergebnisse. Dabei bleibt der Kalender aber im Hinblick auf die aufgeführten Feier- und Festtage gleichzeitig ein echt amerikanisches Produkt, das die im Titel insinuierte internationale Ambition des Kalenders konterkariert und ehestens hinsichtlich des weltweiten Vertriebes den internationalen Charakter erkennen läßt. In Europa nicht oder aber weniger bekannte Festtage wie Martin Luther Day (19.1.), Presidents’ Day (16.2.), Saint Patrick’s Day (17.3.), wer war Sankt Patrick?, Labor Day (7.9.) sind nämlich ebenso aufgeführt, wie Rosh Hashonah (21.9.), Columbus Day (12.10.), Veterans Day (11.11.) und Thanksgiving Day (26.11.).

Einen kleinen Fehler haben wir jedoch im Kalenderblatt June 1998 entdeckt, und er mag der guten Ordnung halber erwähnt sein: Kortschnoi verlor den Weltmeisterschaftskampf gegen Karpov in Meran im Jahre 1981 klar mit 6:2 Punkten und war keineswegs, wie irrtümlich im Kalender vermerkt, nur einen Punkt von der Erringung der Weltmeisterschaftswürde entfernt. Dies war vielmehr 1978 in Baguio City, wo Kortschnoi nach einem 5:2 Rückstand noch zum 5:5 ausgleichen konnte und lediglich noch einen Punkt zum Sieg benötigt hätte.

Trotz dieser kleinen Mängel scheint uns Hanon Russells Kalender eine willkommene und zudem gut bebilderte Bereicherung des Schachschriften-Marktes zu sein. Der von Hanon Russell vorgeschlagene Verkaufspreis liegt bei 9.95 $.

160. Eugen B. Cook Schachbuchsammlung

Unser lieber Freund und Kollege, Dr. Jean Mennerat, Frankreich, weist uns auf eine Buch-Ausstellung hin, die zu besuchen für jeden Schachbuchliebhaber ein Genuß zu sein verspricht. Die folgenden Angaben entnehmen wir der Chess Life, Special Summer Issue 1997.

Eugen Beauharnais Cook (1830-1915) aus Hoboken, New Jersey, war einer der größten Problemisten Amerikas in der Viktorianischen Zeit. Seine Probleme wurden in der ganzen Welt veröffentlicht und er korrespondierte mit Schachberühmtheiten in der ganzen Welt. Seine internationalen Kontakte halfen ihm, die zu seinen Lebzeiten möglicherweise drittgrößte Schachbuchsammlung der Welt zusammenzutragen (nach John Griswold White, USA und J.W. Rimington-Wilson, England). Unter den vor 1500 zu datierenden Schachbüchern sind Sebastian Brants Varia Carmina, 1498, Gesta Romanorum, 1499, Jacobus de Cessolis und Luis Ramirez de Lucenas Repeticion de amores y arte de axedrez, 1497, zu erwähnen. Die Sammlung enthält viele Werke aus dem 16. und 17. Jahrhundert wie Carrera, Actius, Greco, Huarte, Ruy Lopez de Sigura, Piacenza und Salvio um nur einige zu nennen. Cooks Schriftverkehr mit Stanley, Fiske, Lasker, White, Steinitz, Staunton und von der Lasa harren noch heute der schachhistorischen Nutzung. Cooks Sammlung ging nach dessen Tod im Jahre 1915 an die Princeton Universität, an der Cook im Jahre 1850 graduiert worden war.

Wir freuen uns, daß der Verantwortliche in der Princeton Special Collections Abteilung, Jim Weinheimer, zusammen mit seinen Mitarbeitern die Aufgabe übernommen hat, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen und eine Liste sämtlicher Schachbücher der Sammlung zu erstellen. Die außergewöhnliche Sammlung, die Jahrzehnte im Dunkel der Magazine der Princeton Universität dahinschlummerte, wird noch bis zum 21. September des Jahres in der Firestone Library in Princeton einzusehen sein. Sie ist sicher eine weite Reise wert.

161. Simultan Aljechin

Stefan Haas, Karlsruhe, teilt mit, daß die in Schachzettel 155 mitgeteilte Partie Aljechins gegen E. Ernst in der Chronik der Karlsruher Schachfreunde 1853, welche von Harald Klingenberg verfaßt ist, enthalten ist. Herr Ernst ist noch heute Mitglied des Vereins.

Stefan Haas fand im Mikrofilm-Archiv der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe die folgenden drei Zeitungsartikel, die das Aljechin-Simultan bestätigen: 1) „Schach dem Weltmeister" aus der Badischen Presse vom 7.2.1942, 2) „Aljechin spielte in Karlsruhe" aus dem Führer vom 7.2.1942 und 3) „Pfinzgau-Schach-Echo" aus dem Durlacher Tagblatt vom 15.2.1942. Das Ergebnis des Simultans war +36 =6 -1 zugunsten Aljechins. An dem von der Organistation Kraft durch Freude organisierten Simultanspiel wurde an 40 Brettern gespielt, jedoch durfte ein weiterer Spieler an einem früh freigewordenen Brett einspringen. Das Blatt der „Führer", berichtete, daß Aljechin auf die Frage nach der Weltmeisterschaft erwiderte, daß er wohl oder übel später einmal einem Jüngeren den Titel werde abgeben müssen. Aljechin nannte hier den Esten Keres sowie die deutschen Meister Eliskases und den 18jährigen Klaus Junge, der besonders begabt für die Weltmeisterschaft in Betracht käme. Er werde seinen Titel nur gegen einen Europäer verteidigen.

Die einzige Verlustpartie spielte Aljechin gegen einen Leutnant Heck. Die „Badische Presse" schrieb hierzu: „Der Weltmeister meinte lachend zu seinem Bezwinger: ‘Die Wehrmacht hat gewonnen, ein gutes Omen ...’ ". Wir lassen an dieser Stelle die Partie Aljechins gegen Heck folgen und möchten Stefan Haas für seine Hilfe ganz herzlich danken.









 

Aljechin, A - Leutnant Heck [C70]
Simultan Karlsruhe, 06.02.1942

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 b5 5.Lb3 d6 6.a4 Tb8 7.axb5 Txb5 8.La4 Tb6 9.d4 Ld7 10.Le3 exd4 11.Sxd4 Da8? 12.Sxc6 Txc6 13.Lxc6 Lxc6 14.0-0 Le7 15.Sc3 Sf6 16.f3 0-0 17.Dd3 Lb7 18.g4 Sd7 19.Sd5 Ld8 20.c4 Se5 21.De2 Dc8 22.h3 c6 23.Sc3 De6 24.b3 Lf6 25.Tac1 Sg6 26.f4 De7 27.c5 dxc5 28.e5 Lh4 29.Dd2 Td8 30.Dg2 h6 31.Se4 Td3 32.Lxc5 Dc7 33.Sd6? Tg3 34.Sf5 Txg2+ 35.Kxg2 Sxf4+ 36.Txf4 Lg5 37.Kf3 Dxe5 38.Te4 Dc7 39.Tce1 Dh2 40.T1e2 Dxh3+ 41.Sg3 Lh4 42.Tg2 f5 43.gxf5 Lxg3 44.Txg3 Dxf5+ 0-1

Wir bitten Sie, alle Zuschriften per email zu richten an: Hallo@Ballo.de

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