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186. Ikea-Schachtisch im Angebot (erschienen in Schach 3/2003).

Wir mussten erneut unsere Bibliothek umräumen und hierzu einige Bücherregale hinzukaufen, die wir wie immer günstig bei Ikea in Wallau-Massenheim bei Wiesbaden einkauften. Da fiel uns ein unscheinbarer, als Küchentisch deklarierter Schachtisch auf, der unter dem Artikelnamen „Kangis" statt für 135.- Euro für 49.- Euro angeboten wurde.

Der Schachtisch ist in lackiertem Weiß gehalten und mit einer eingelegten Glasplatte versehen, die unterschiedliche einlegbare Muster u.a. ein Mensch-ärgere-Dich-nicht Spielfeld und ein Schachbrett mit den Maßen 50,5 x 50,5 cm und 64 Spielfelder mit einer Fläche von jeweils 6,3 x 6,3 cm bedeckt. Der Tisch ist 75 cm hoch. Die an den Ecken abgerundeten Tischkanten umfassen eine Fläche von 75 x 75 cm und verbergen zwei gutgängige mit einer Schienenmechanik versehene Schubladen, die, durchaus praktisch für einen Spieltisch, ausreichenden Platz zur Unterbringung des Spielmaterials oder anderer Utensilien bieten. Der Spielsatz besteht aus 16 weißen und 16 schwarzen, quaderförmigen Spielsteinen, deren Bedeutung im Spiel analog der bekannten Steckschachspiele auf der nach oben weisenden Fläche der Steine einlackiert sind. Dabei sind jeweils vier der im Schachspiel als Bauern gekennzeichneten Spielsteine auf der dem Bauernsymbol entgegengesetzten Seite mit den Farben Gelb, Rot, Blau und Grün versehen, sodaß diese Steine, wenn sie herumgedreht werden, auch gleichzeitig als Mensch-ärgere-Dich-nicht Figuren benutzt werden können. Zwei Würfel liegen ebenfalls bei. Die Standfläche jedes Spielsteines misst 2,5 x 2,5 cm, während die Höhe der als Bauern gekennzeichneten Quader 4 cm, die Höhe von Dame und König 6 cm und die Höhe der Offiziere 5 cm beträgt. Der Tisch ist ebenso wie der hinzugelieferte Spielsatz wohlproportioniert und von einem eigenen ästhetischen Reiz.

Der Aufbau des Tisches, der wie bei Ikea-Produkten üblich, in Eigenarbeit zu bewerkstelligen ist, ist einfach und beschränkt sich auf die Montage der Tischbeine, wobei nach getaner Aufbauarbeit, das eigentümlich befriedigende, sich nur bei Ikea-Produkten aufkommende Gefühl einstellt, es sei eben doch an einem der geborene Schreiner und Innenraumarchitekt verlorengegangen.

Alles in allem stellt der „Kangis" von Ikea für 49.- Euro ein auf jeden Fall zu empfehlendes Schachtisch-Schnäppchen dar, das bei Verwendung anderer Spielfiguren durchaus auch als Turniertisch benutzt werden kann.

187. 125 Jahre Deutscher Schachbund (erschienen in Schach 4/2003).

Wir haben in Schach, Hefte 6, 7, 9 und 10 des Jahres 2002 (siehe auf diesen Netzseiten auch unter Schachbund Geschchichte Teile 1, 2, 3a und 3b) über die Geschichte des Deutschen Schachbundes schreiben können. Es musste vieles noch offen bleiben, da die Quellenlage insbesondere in einigen Teilbereichen nur sehr dürftig ist. Der Aspekt der angeblichen Auflösung des DSB (zwangsweise, freiwillig?) auf dem Kongress in Bad Pyrmont im Juli 1933 verdient dabei besondere Beachtung. Ernst Bedau, Referent für Breitensport im DSB stellte uns Kopien der Akten des Registergerichtes Coburg zur Verfügung, aus denen hervorgeht, daß die Verantwortlichen an der Spitze des GSB erst Ende des Jahres 1934 die Auflösung und Löschung des DSB erreichen konnten, da das Registergericht in Coburg sich der zunächst von Studienrat Zander mit Schreiben vom 2. August 1933 beantragten Löschung des DSB aus dem Register in Coburg mit dem Argument widersetzte, es seien sowohl DSB-Satzung als auch Bestimmungen des BGB nicht beachtet worden. Wir geben das diesbezügliche Antwortschreiben des Amtsgerichtes in Coburg wörtlich:

 

„Amtsgericht, Registergericht

Betr. Deutsche Schachbund e.V. Ver. Reg. 9

Coburg, 11. September 1933

Mit Schreiben vom 2.8.1933 haben Sie die Löschung des hier eingetragenen Vereins: „Deutscher Schachbund" e.V. in Coburg unter Mitteilung von hierauf bezüglichen Unterlagen beantragt. Zu ihrer Legitimation fügten Sie eine beglaubigte Abschrift der Ihnen vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zugegangenen Anweisung bei.

Es diene Ihnen zur Kenntnis, dass auf Grund der von Ihnen eingereichten Schriftstücke eine Eintragung in das Vereinsregister nicht möglich ist, weil teils Vorschriften des BGB, teils die Vorschriften der Satzung nicht beachtet worden sind.

Vorausgesetzt, dass Sie zum Liquidator des Vereins bestellt worden sind, wollen Sie eine Abschrift des Beschlusses der Mitgl. Versammlung über die Auflösung, sowie über die Bestellung des Liquidators beibringen.

Eine Löschung des Vereins kann jedoch auch nicht in Betracht kommen, weil die Voraussetzungen hierzu nicht vorliegen. Vorerst bedarf es der Eintragung der Auflösung und des Liquidators nach entsprechendem Antrag. Eine Fusion des Vereins mit einem anderen Verein kommt auch nicht in Betracht, weil die Literatur über das Vereinsrecht dies ablehnt. Es muss daher erst die Auflösung kommen, dann bedarf es einer Bekanntmachung des Liquidators mit der Aufforderung an die Gläubiger, sich zu melden und erst nach Ablauf eines Jahres von dieser Bekanntmachung an, kann u.U. die Liquidation beendet sein. Ein Eintrag hierüber erfolgt jedoch nicht. Nach § 46 Statuts muss auch der Beschluss über die Verwendung der Vereinsvermögens vor dem Beschluss über die Auflösung des Vereins gefasst werden. Ob ihre Erklärung, dass Sie den Verein für aufgelöst erklären, rechtswirksam geworden ist, nachdem hierfür nur die MitglVersammlung zuständig ist, mag dahingestellt bleiben. Auf alle Fälle dürfte wohl keine Veranlassung vorgelegen haben, die Satzung, bezw. Die Vorschriften des BGB zu übergehen; denn die Auflösung konnte gleichfalls auf Grund der bestehenden Vorschriften aufgelöst werden.

Ich darf wohl um Äusserung über die vorstehenden Beanstandungen und Bedenken binnen 2 Wochen bitten.

Unterschrift (Kublhammer?) Justizinspektor als Rechtspfleger."

Mit Schreiben vom 14.9.1933 antwortete der zwischenzeitlich zum Regierungsdirektor beförderte Zander:

„An das Amtsgericht, Registergericht, Coburg

Zu der Verfügung vom 11. September 1933 betr. Deutscher Schachbund e.V., Ver. Reg. 9:

Eine den Vorschriften der Satzung und des B.G.B. entsprechende Auflösung des Deutschen Schachbundes e.V. war nicht möglich. Dieser Bund stand bis zum April 1933 unter Leitung eines jüdischen Vorsitzenden und hatte einen marxistischen Einschlag. Der Überführung zum nationalsozialistischen Prinzip wurden erhebliche Widerstände entgegen gesetzt. Meine Vollmacht ist mir vom Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda gerade zu dem Zwecke erteilt worden, dem eingetretenen Zustande der Verwirrung, der Eingriffe von verschiedenen Stellen, der örtlichen Auflösungen und Zerstörungen, der Festnahmen und Beschlagnahmen, ein Ende zu bereiten und das Schachtum durch autoritative Massnahmen in den nationalsozialistischen Staat einzugliedern. Die Beseitigung der 6 bestehenden Sonderbünde für Schach bildete die Vorbedingung für die mir aufgegebene Ordnung der Schachverhältnisse unter einheitlicher Führung. Nachdem die beiden Arbeiterschachverbände aus politischen Gründen polizeilich aufgelöst waren, der frühere Vorstand des Deutschen Bundes sich aber einer Verschmelzung zu einem Einheitsbunde widersetzte und den Austritt des Deutschen Schachbundes und der Schachvereinigungen im Deutschen Handlungsgehilfen-Verband aus dem Grossdeutschen Schachbunde, dem beide Organisationen sich bereits angeschlossen hatten, veranlasste, war bei einer Abstimmung in der Mitgliederversammlung auf Annahme der Auflösung in der satzungsgemässen Form nicht zu rechnen. Zur Ausführung des mir erteilten Auftrages blieb daher nur der eingeschlagene Weg, der auch in tatsächlicher Beziehung einen völligen Erfolg hatte, denn sämtliche 21 Landesverbände des Deutschen Schachbundes haben sich unter den von mir bestätigten Leitern in den Grossdeutschen Schachbund eingefügt, der Deutsche Schachbund besteht nicht mehr.

Ich bitte bei dieser Sachlage um weitgehenden richterlichen Beistand für die zur Herstellung der Ordnung im nationalsozialistischen Staate auf dem Gebiete des Schachs notwendig gewesene Aktion.

Zander komm. Regierungsdirektor beim Oberpräsidenten (sic)."

Daraufhin legte der Justizinspektor des Registergerichtes den Vorgang am 22.9. 1933 dem Amtsgerichtsrat Dr. Brecheler vor. Dieser interpretierte das Schreiben Zanders durchaus wohlwollend als Antrag auf Löschung des DSB auf Grund der von Zander behaupteten „linksgerichteten Einstellung" des DSB und fragte am 23. 9. 1933 beim Sonderkommissar des Bezirksamtes Coburg an, „auf Grund welcher Vorschriften" ... „eine Auflösung linksgerichteter Vereine" erfolgen könne. Doch die Antwort vom 12.10.1933 zeigte keinen hinreichenden Weg zur Auflösung des DSB bzw. dessen Löschung im Vereinsregister auf, sodaß Amtsgerichtsrat Dr. Brecheler mit Schreiben vom 27. November 1933 zunächst einen möglichen anderen Weg zur Auflösung des Vereins wies:

 „Nach §73 BGB kann der Vorstand eines eingetragenen Vereins beim Registergericht den Antrag auf Löschung eines Vereins beantragen halten, wenn die Zahl der Mitglieder unter drei gesunken ist", dann aber mitteilte: „Eine andere Veranlassung zur Löschung des Vereins ist nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht möglich".

Jetzt nahm sich Post der Sache an und antwortete am 29. Januar 1934:

 „In der Frage der Löschung des Deutschen Schachbundes danke ich für das Entgegenkommen, das Sie mir mit der Bereitwilligkeit bewiesen haben, die Löschung bei einer Erklärung, dass keine drei Mitglieder mehr vorhanden sind, vorzunehmen. Der Plan ist leider nicht durchführbar, da Herr Hammer-Dresden Schwierigkeiten macht. Ich möchte nun nach einem anderen Plan handeln ......".

Posts Plan sah vor, mit großangelegten Stimmrechtsübertragungen zu arbeiten und eine erneute Bundesversammlung einzuberufen, auf der dann die Auflösung und Liquidation des DSB beschlossen werden sollte. Tatsächlich weisen die Akten des Registergerichtes Coburg aus, daß Post eine erneute Bundesversammlung für den 28. Oktober 1934 nach Berlin einberief. In dieser Versammlung erfolgte ausweislich des vorliegenden Protokolles die Auflösung des DSB. Als Liquidator war vorher Karl Miehe bestellt worden. Das Vermögen des DSB ging auf den GSB über. Laut Protokoll waren von 9765 Mitgliedern des DSB 9465 auf der Versammlung vertreten.

Es ist wahrscheinlich, daß in Wahrheit keine echte Mitgliederversammlung stattgefunden hat, sondern daß die Veranstaltung lediglich dazu diente, den formalen Anschein der Gesetzmäßigkeit zu wahren, um endlich beim Registergericht in Coburg die Löschungsbewilligung zu erhalten. Das Registergericht nahm die Löschung des Eintrages bezüglich des DSB am 2. November 1934 vor.

Post und Zander hatten endlich freie Hand.

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